APULIEN. Zweiter Teil

APULIEN. Zweiter Teil

Mi, März 20, 2024 Aus Von Anja

Die Trulli-Region ist natürlich ein Muss für alle Apulien-Reisenden. Wir steuern das Valle d’Itria, in dem diese wunderlichen Behausungen zuhause sind, selbstverständlich auch an. Müssen allerdings zuerst einmal eine Regenfront der heftigen Art aussitzen. Schnell noch Vorräte gebunkert bei einem Zwischenstop in Casamassima (schöne kleine alte Medina!), dann platzieren wir uns nahe Turi auf unwettergeeignetem Untergrund und in ruhigem Ambiente und nutzen die Pause für unsere weitere Reiseplanung. Zufällig erwischen wir währendessen den Wochentag, an dem die Heilige Grotte unter der Friedhofskapelle Sant’Oronzo nebenan geöffnet wird. Anfang des 17. Jahrhunderts entdeckt, vermutlich aber wesentlich älter, mit Altar und Majolikaboden … Erstaunlich, was sich da im Untergrund verbirgt und wie schön, daß uns der Zufall die Besichtigung ermöglicht hat!

Alberobello als die „Trulli-Hauptadt“ ist dann unser nächster Stop, aber ein echter „Wow-Effekt“ kommt hier nicht direkt auf. Sehr steril und touristisch wirkt der Ort und somit etwas unecht. Nicht schlimm, denn ehrlich gesagt steht hier die ganze Landschaft voller Trullis. Als Wohnhaus, Ferienhaus, Museum, Geräteschuppen…

Wir nehmen uns auch Locorotondo vor, dann die Barockstadt Martina Franca und das malerisch auf einer Hügelkuppe gelegene Cisternino und lassen uns dort dann deutlich mehr Zeit für Streifzüge. Die Städte wirken zwar um diese (kühle) Jahreszeit alle nicht wirklich belebt, aber daß wir sie dadurch quasi ganz für uns haben, hat einen besonderen Charme und alles ist in Genuß fü die Augen: das strahlende Weiß der Hauswände, die Dekorationen, die Landstraßen, die sich zwischen Feldern mit rotbrauner Erde und Olivenhainen hindurchschlängeln und ihre malerischen Natursteinmauern links und rechts. Die Wege von Ort zu Ort sind hier eine Sehenswürdigkeit für sich.

Dann zieht es uns wieder mit Macht ans Meer. Wir übernachten nahe Ostuni in den Bergen und der Blick reicht über Olivenwald bis zum Wasser und zum Horizont. Wir haben uns frecherweise einfach direkt neben ein verlassenes Santuario gestellt, das wir in der Karte entdeckt haben. Es war einst wohl berühmt für seine heilige Miracoloso-Quelle, die ist aber offenbar vor nicht allzulanger Zeit versiegt. Eigentlich handelt es sich bei unserem Parkplatz um eine einsame Sackgasse, doch ist sie sehr beliebt für abendliche Stelldichein. Wir amüsieren uns über das pärchenweise Kommen, in diskretem Abstand Parken, Weiterfahren… Dann die nächsten angerollt, als würde einer an der Einfahrt die Plätze anweisen.

Ostuni wird allgemein sehr empfohlen und ist auch unserer Meinung nach unbedingt einen Rundgang wert. Aber jetzt sind wir doch etwas stadtmüde und reif für einen einsamen Strandplatz, nur für uns. Und wir finden einen! Kein „Verkehr“ an diesem Ort, für Pärchen gilt der robuste Untergrund wohl eher als Spaßbremse ;o) Leider wird unser Spaß wiederum auch etwas vom Wetter getrübt. Es drascht und stürmt mal wieder, um uns herum bildet sich eine kleine Seenlandschaft und diverse Bäche gurgeln unter uns hindurch, aber immerhin produziert das Unwetter einen wunderbarent Regenbogen am Ende.

Weiter geht’s geradewegs an Brindisi vorbei. Die Barockstadt Lecce ist unser nächstes Ziel, bevor wir dann die Richtung wechseln, quasi auf dem (italienischen) Absatz kehrt machen und den Landstrich am Adriatischen Meer verlassen. Hier ist ordentlich was los, Universitäts-Stadt mit judendlichem Leben, aber der viel geprießene prachtvolle Barock scheint uns weniger imposant als erwartet. Netter finden wir dagegen Nardo‘, auch voller Barock, aber kleiner und beschaulicher. Dann auf zur nächsten Sehenswürdigkeit: Gallipoli. Die türkische Stadt gleichen Namens kennen wir ja bereits, jetzt also die apulische. Wunderschön, wir laufen und laufen, essen und legen uns am Hafen in der Sonne, denn die ist endlich wieder da und knackt die 20°Marke!

Zum Übernachten machen wir allerdings dann noch ein paar Kilometer. Unser Ziel, und das gleich für mehrere Nächste diesmal, ist der gut 400 Jahre alte Torre Inserraglio. Schroffes Felsgestein am Ufer, Blick über den Golf von Tarent und bis auf eine Hand voll Angler am Tage total einsam des nachts und wie für uns geschaffen.

Dann war es das schon wieder mit dem schönen Wetter. Auf dem weiteren Weg schüttet es wie gehabt wie aus Kübeln und unser Fahrtag ist zu allem Pech auch noch ein besonders langer. Die Sichtverhältnisse sind unterirdisch, die Straße teilweise so schmal, daß wir bei entgegenkommenden LKW jedes Mal fast auf 0 bremsen müssen oder in die Büsche am Rand, aber die sind aus hartem Holz und klappen uns regelmäßig den Rückspiegel ein. Etwas mißgelaunt kommen wir auf dem Parkplatz des Vogelschutzzentrums bei Laterza an. Immerhin, der ist tiptop (abgesehen vom nächtlichen Tamtam einiger Jugendlicher, diese Nervensägen braucht tatsächlich kein Mensch und nirgendwo!). Wir wollten gerne die Gravina anschauen, aber bei dem Wetter …? Es klart am nächsten Tag auf, wir marschieren eine Runde, schauen dann aber zu, daß wir wieder weg kommen. Es geht in die nächste Provinz – in die Basilikata.

Fazit: Apulien ist der Hit. Für uns am Ende der Reise in Summe der schönste Abschnitt dieser Tour durch Italiens Süden. Eine ganz große Empfehlung hinsichtlich Landschaft, Kulturstädte, Essen & Wein und überaus freundlichen, gastlichen Menschen!