Mit dem Zug durch Vietnam …

Di, März 08, 2016 Aus Von Anja

… gehört für viele Touristen zum Programm. Wir hatten es zwar nicht explizit vor, waren aber durchaus dankbar für die Gelegenheit, auch diese Erfahrung einmal machen zu können. Ungefähr zur Halbzeit unserer Reise, während wir noch in Hanoi waren und die letzten Reisetage durchplanten, stellte sich heraus, dass unsere letzte Station im Land Da Nang sein wird und die 16-stündige Zugfahrt von dort aus nach Saigon die sinnvollste aller Möglichkeiten, pünktlich den Rückflug nach Bangkok zu erreichen.

Sicherheitshalber kauften wir die Fahrkarten schon am Bahnhof Hanoi. Das war klug, der Zug war voll. Voller Einheimischer, no western tourists. Man hatte die Wahl zwischen Hard- und Soft-Sleeper und wir hatten uns natürlich letzteres gesichert (für ziemlich genau 50 € p.P.). In unserem rustikalen Viererabteil belegten wir die unteren Betten mit tatsächlich recht bequemer Matratze. In den oberen wechselte die Besetzung während der Fahrt alle paar Stunden durch. Was dabei nicht gewechselt wurde, war das Bettzeug, sah aber auch beim Einsteigen schon nicht mehr ganz frisch aus. Es gab 2 Toiletten pro Wagon, eine „eastern style“ (bodennahe Schüssel zum Draufhocken und Loch in der Mitte) und eine „western style“, deren Standard in etwa dem bei uns vor 30 Jahren entsprach. Also durfte man anständigerweise nur während der Fahrt auf’s Örtchen. Einen Waschraum gab es, der allerdings nicht verschließbar und damit für unseren Geschmack entschieden zu öffentliche war.

Wir hatten etwas Proviant dabei, gekochte Eier, Wasser und Bier, Süsskram aus Sesam… Man konnte sich aber auch unterwegs verpflegen lassen. An manchen Stationen waren direkt am Zug Essensstände aufgebaut. Ab und zu kam auch jemand durch den Wagon, um Reis und Hähnchenschenkel zu verkaufen. Oder vietnamesischen Kaffee, den hatte man schon vorher fertig gekocht und als eine Art Essenz in Plastikflaschen abgefüllt. Wenn man dann einen ordert, wird ein Schlückchen davon in einen Becher gefüllt, heißes Wasser aus einem Heißwasserbereiter auf dem Gang des Wagons dazugekippt, noch zuckersüße Kaffeesahne dazu, fertig. Und sehr lecker. Allerdings sind wir immer irgendwie die einzigen, die ihren Kaffee „hot“ wollen. Die Einheimischen nehmen in ausnahmslos mit Eis.

Die lange Fahrt hat uns jede Menge schöner Bilder beschert. Oft fährt man durch Ortschaften, in denen die Leute direkt an oder sogar auf der Schiene leben. An Bahnschranken gibt es noch Bahnwärter mit Fähnchen bewaffnet, die die Hundertschaften ungeduldiger Mopeds hinter der Schranke mühsam bändigen. Oder es geht am Meer entlang, wo man des nachts auf dem Wasser Scheinwerfer der Nachtfischer (Tintenfischfang?) schweben sieht, was ganz zauberhaft wirkt.

Untermalt wird das Ganze vom ultimativen Soundtrack Vietnams : über 16 Stunden ist der Lokführer pausenlos am Hupen!!! Auf der Schiene geht’s insofern nicht anders zu als auf den Straßen.

Zum Thema Service insgesamt bleibt noch zu sagen: es gab keinen, unsere Wagonschaffnerin hatte eindeutig eher was von einer Aufseherin an sich. Ihr Engagement gipfelte am Ende im Aufweckprozedere kurz nach 5 Uhr in der Früh: die Abteiltür wurde ohne Vorwarnung aufgerissen, volle Festbeleuchtung eingeschaltet und aus Lautsprechern tönte Marschmusik. Es hätte uns absolut nicht gewundert, wenn auch noch Frühsport angeordnet worden wäre 😀