Hanoi(sy)
Hanoi ist quicklebendig. Wir wohnen in der Altstadt und sobald man hier den Fuß vor die Hoteltüre setzt, wird man einfach vom Strom der Menschen und Fahrzeuge in den Gassen mitgerissen. Auf den wenigen Bürgersteigen liegen Waren aus, werden Suppen gekocht und parken Mopeds dicht in Reihe, man muss zwangsläufig auf der Fahrbahn spazieren. Schön hintereinander, Arme dicht am Körper, denn die Mopeds „suchen Körperkontakt“. Es ist für alle viel zu eng! Stehenbleiben oder umdrehen geht gar nicht, man muss sich dem Strom überlassen. Und will man über eine Kreuzung, dann einfach loslaufen, mitten durch die rollenden Fahrzeuge hindurch, möglichst gleichmäßig und berechenbar, dann umkurven sie einen.
Es ist laut, irre laut und das rund um die Uhr, man entkommt dem Lärm nirgends. Manchmal bietet sich ein Tempel an zum Atemholen. Aber à propos Atemholen: die Luft ist dick voller Abgase und Rauch. Das tägliche Ritual, Papiergeld oder andere spirituelle Stücke vor den Türen zu verbrennen tut sein Übriges dazu. Doch so hoch der ungewohnte Stresspegel für den Durchreisenden auch sein mag, man will die Stadt voll auskosten. Es herrscht Fröhlichkeit, Leichtigkeit und ein achtsames Miteinander vor, man fühlt sich willkommen. Und das Essen, Leute! Es gibt nahezu überall Hervorragendes zu kosten – schlicht, einfach und immer frisch auf der Straße oder raffiniert im Restaurant.
Nach vier Tagen im Getümmel zieht es uns allerdings raus aufs Land zwecks Erholung an frischer Luft. Wir nehmen einen Fernbus, der die 140 km bis zum malerischen Tal Mai Chau in knapp 4 Stunden zurücklegt. Unterwegs hält er immer mal, dann holt jemand ein Paket ab, dass wer anderes dem Busfahrer in Hanoi übergeben hat. Scheint gut organisiert. Oder es steigen Schüler ein, die dann eine halbe Stunde später irgendwo im nirgendwo wieder rausgelassen werden. Jedenfalls wird der Bus richtig voll unterwegs und man rutscht zusammen, teilt sich mit wem anderen notfalls einen Klappsitz im Gang. Muss wer aussteigen, geht das nur mit Drübersteigen über die vorderen Reihen.
Einmalige Bilder bieten sich während der Fahrt, man müsste direkt mit den Augen fotografieren können! Das Mädchen z.B. das lachend hinten auf einem Moped sitzt und die Minute, die wir parallel nebeneinander herfahren, winkt und eben lacht, lacht, lacht. Vor ihr sitzen noch 2 andere Kinder, dann der Fahrer, vor dem noch 2 kleinere Kinder stehen … Für deutsche Verhältnisse total verrückt, hier Usus. Die Landschaft ist grandios, denn wir müssen übers Gebirge. Wunderschön!
Das Wetter verschlechtert sich dieser Tage leider, es soll kalt werden. Also schnappen wir uns gleich nach der Ankunft ein Moped und streifen durch die Gegend. Gerade werden die Reisfelder bestellt. Wie es aussieht, steht alles was Beine hat bis zu den Knien im Wasser und verteilt Setzlinge, schön in Reih und Glied. Vermutlich wird das Tal in Kürze vor frischem, hellem Grün nur so strahlen. Im Moment prägt noch brauner Schlamm das Bild und die Wolken sorgen für halbfinsteres Grau. Es ist ein wenig schade, aber Wetter ist wie’s ist. Bevor dann der Regen einsetzt, schaffen wir es noch, die Nasen in eine kleine „Fabrik“ zur Herstellung von Chopsticks zu stecken. Erst werden Bambusstämme in die passenden Stücke gesägt, halbiert, gespalten … 20 Leute ca. werkeln da hart, ohne Gehörschutz in Getöse der urtümlichen Maschinen.
Morgen nun bringt uns der Bus wieder zurück nach Hanoi. Und ganz ehrlich: wir können es kaum erwarten, endlich wieder rein ins pralle Leben!